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BGH: Rauschfreie “CBD-Blüten” dürfen verkauft werden, Cannabiswirtschaft atmet auf

Nutzhanf-Ausnahme im BtMG gilt für die gewerbliche Abgabe an Endverbraucher

 

24.03.2021 – (Leipzig / Berlin) Als Cannabiswirtschaft begrüßen wir das heutige Urteil des BGH (AZ: 6 StR 240/20) zum “Hanfbar-Prozess”. Die Leipziger Richter stellten heute fest, dass “CBD-Blüten” aus Nutzhanf zwar ein Betäubungsmittel im Sinne des BtMG sind, jedoch unter Ausschluss von angenommenen Missbrauchspotentialen an Endverbraucher legal verkauft werden dürfen. Dies bedeutet eine große Erleichterung für die Händler, die bisher oft von geschäftsschädigenden Razzien betroffen waren. Das Gerichtsverfahren selbst wurde somit an die Vorinstanz, das Landgericht in Braunschweig, zurückverwiesen.

Das LG Braunschweig hatte die Betreiber der “Hanfbar” im Januar 2020 zu Bewährungsstrafen verurteilt (AZ 4 KLs 804 Js 26499/18 (5/19), weil sie THC-arme Nutzhanf-Blüten (THC-Gehalt unter 0,2%) an Endverbraucher verkauften. Damit hätten die Betreiber illegalen Betäubungsmittelhandel betrieben, so das damalige Urteil. Dieses Urteil muss nun neu verhandelt werden.

Der BGH stellte klar, dass – entgegen der ehemaligen Auffassung des LG Braunschweig – die “Ausnahmevorschrift” der Abgabe (gewerblicher Handel) “an den Endabnehmer zu Konsumzwecken” nicht grundsätzlich entgegenstehe.

Nun muss, dem BGH folgend, sichergestellt werden, dass ein Missbrauch zu Rauschzwecken auszuschließen ist. Nach Ansicht der Cannabiswirtschaft könnte dies über Abgabemengen, Beipackzettel, Hinweise auf den Produktverpackungen oder entsprechende Produktzubereitungen (z.B. Teemischungen) erfolgen. Die Gewinnung von THC bzw. der angenommene Missbrauch von Nutzhanf erscheint bereits aus Wirtschaftlichkeitserwägungen realitätsfremd.

Eine Neuentscheidung dürfte für viele Landwirte, Betreiber und Hersteller von Nutzhanfprodukten von großer Bedeutung sein, da es in der Vergangenheit immer wieder zu rechtlicher Verfolgung und Unklarheiten mit Nutzhanf bzw. daraus gewonnenen Produkten kam. Zahlreiche Verordnungen (z.B. Handreichungen in NRW, Rundverfügungen in HH, usw.) müssen nun der Rechtsprechung angepasst werden und der Kontroll- und Verfolgungsdruck sollte sich verringern.

Hierzu erklärt der Vizepräsident des Branchenverband Cannabiswirtschaft e.V. (BvCW), Marijn Roersch van der Hoogte:

„Hanf ist ein Lebens- und Genussmittel sowie Rohstoff und Medizin mit einer langen Tradition. Das Urteil ist nun ein Schritt in die richtige Richtung. Um die vielseitigen Potentiale der Hanfpflanze besser nutzen zu können, werden wir als Verband zukünftig noch aktiver auf die Politik zugehen, damit es zukünftig möglichst gar nicht erst zu solchen Gerichtsprozessen kommen muss.”

Zu den politischen Konsequenzen erklärt der Geschäftsführer des BvCW, Jürgen Neumeyer:

„Für die Politik bedeutet das Urteil, sich mit der Frage auseinander zu setzen, wie Nutzhanf und seine Produkte aus den Fängen des Betäubungsmittelgesetzes insgesamt heraus kommt. Trotz des heutigen Urteils werden wir BtMG-bedingte Regularien erfahren, die es weiterhin schwer machen, die vielen positiven Potentiale des Hanfes hier in Deutschland umfänglich zu nutzen. Andere Länder, z. B. unsere Nachbarn in der Schweiz oder in Österreich, aber auch die USA, sind uns in der Frage um Jahre voraus.

Der unterstellte Missbrauch von Nutzhanf mit maximal 0,2% THC zu Rauschzwecken ist aus wirtschaftlichen Erwägungen unsinnig. Das würde niemand ernsthaft bezahlen wollen.”