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Polizei ignoriert BGH-Rechtsprechung über Nutzhanf

Pressemitteilung des Branchenverband Cannabiswirtschaft (BvCW e.V.) vom 29.04.2021

 

Berlin, 29.04.2021 – Der Verkauf von “CBD-Hanf” sei grundsätzlich illegal und strafbar, meldete gestern die Polizei Essen. “Freiheitsstrafen für Verkäufer nicht unter einem Jahr” zu erwarten. Die “Konsumfähigkeit und somit der Missbrauch zu Rauschzwecken” sei “offensichtlich”. Das Rauschgiftkommissariat ermittelt.

Der Bundesgerichtshof hat am 24.03.2021 (AZ: 6 StR 240/20) festgestellt, dass ein Verkauf von “CBD-Blüten” aus Nutzhanf an Endverbraucher möglich sei, wenn ein Missbrauch zu Rauschzwecken ausgeschlossen ist. Auch die Polizei sollte sich vor öffentlichen Einlassungen und vor entsprechenden Aktivitäten mit höchstrichterlichen Aussagen beschäftigen. Solche Meldungen schüren unnötig Verunsicherung. Es ist offensichtlich, dass wir endlich eine vernünftige gesetzliche Regelung brauchen.” macht Jürgen Neumeyer, Geschäftsführer des BvCW, deutlich.

Dr. Stefan Meyer, Präsident des BvCW und Koordinator des Fachbereichs CBD, stellt hierzu klar: “Die THC-Gehalte bei CBD-Hanfblüten sind regulär so gering, dass ein Rausch selbst beim Konsum einer ganzen Verkaufseinheit ausgeschlossen ist. Angesichts wachsender Überstundenberge bei der Polizei ist es mir unverständlich, warum ausgerechnet gegen den Wachstumsmarkt Nutzhanf so viele Steuermittel verschleudert werden.

Für Nutzhanf mit einem THC-Gehalt von unter 0,2% THC gelten Ausnahmeregelungen im Betäubungsmittelgesetz. Derzeit werden diese Ausnahmen zunehmend restriktiv ausgelegt, ohne dass sich das Gesetz geändert hat. Die Auslegung des angeblichen Missbrauchspotentials muss nach dem BGH-Urteil noch rechtlich geklärt werden. Nach Auffassung des BvCW soll Rechtssicherheit klar und eindeutig erreicht werden, in dem Nutzhanf aus dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG) herausgenommen wird.

Mehr zum Thema:

  1. Das komplette Urteil des BGH vom 24.03.2021 finden Sie hier.
  2. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) stellte bereits am 31.01.2020 zur Einstufung von CBD gegenüber den Suchtstoffkontrollabkommen fest, dass: „Cannabidiol […] kann […] nicht als Betäubungsmittel angesehen werden.“ (E/CN.7/2020/CRP.4, Seite 70)
  3. Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) urteilte am 19.11.2020 (AZ: C‑663/18), dass “ein Mitgliedstaat [..] die Vermarktung von in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig hergestelltem Cannabidiol (CBD) nicht verbieten [darf], wenn es aus der gesamten Cannabis-sativa-Pflanze und nicht nur aus ihren Fasern und Samen gewonnen wird”. Der Gerichtshof stellt weiter fest, dass das EU-Recht zur Definition der Begriffe “Droge” oder “Suchtstoff” unter anderem auf zwei Übereinkommen der Vereinten Nationen Bezug nimmt: das Übereinkommen über psychotrope Stoffe und das Einheitsübereinkommen über Suchtstoffe.
  4. Mehrere Bundestagsfraktionen setzen sich bereits für Änderungen im BtMG ein. Kürzlich haben z. B. die Linkspartei und die Grünen einen Bundestagsantrag eingereicht, über den voraussichtlich nicht bis zur Bundestagswahl entschieden wird.